41 Tote, Hunderte Verletzte – doch die Medien dürfen über den Anschlag in Istanbul nicht berichten. Die Nachrichten verbreiten sich trotzdem. Und bei den Angehörigen der Opfer wächst die Wut.
„Los, geht zur Seite, Tayyip kommt!“, sagt Esra Mutlu voller Ironie. Die 43-Jährige zieht ihre zwei Freundinnen auf den Bordstein zu sich, als ein Konvoi schwarzer Autos durch die Auffahrt der Notaufnahme fährt. „Der Vater ist gekommen, um seinen Kindern über den Kopf zu streicheln“, sagt sie zynisch. Sie meint den Präsidenten der Türkei, Recep Tayyip Erdogan. Dann setzt sie sich auf den Boden, zündet sich eine Zigarette an, Tränen steigen in ihre Augen.
Sie ist hier, um zu trauern. Drei Freunde ihrer 18 Jahre alten Tochter sind bei demTerroranschlag am Dienstagabend am Istanbuler Atatürk-Flughafen ums Leben gekommen. Weil ihr Kind zu Hause unter Schock steht, ist die Mutter zum Istanbuler Krankenhaus im Stadtteil Bakirköy gekommen, das am nächsten zum Flughafen liegt und in das die meisten der rund 240 Verletzten gebracht wurden. „In diesem Land sterben Kinder, und niemanden interessiert das.“
Hunderte Menschen stehen vor dem Krankenhaus. Die Sonne scheint ungeschützt auf den Asphalt. Sie warten hinter den Absperrungen, bangen und hoffen. Manche haben Tränen in den Augen, andere liegen sich weinend in den Armen, wieder andere schauen einfach stumm auf den Eingang der Notaufnahme.